Antworten auf gesellschaftliche Fragen werden von den Universitäten gefordert. Wie weit darf das gehen? Wie viel Aktivismus ist notwendig, um sich öffentliches Interesse zu sichern? Oder besteht die Gefahr, dass Wissenschaft aktionistisch wahrgenommen wird? Dass sie also betriebsam wirkt, letztendlich ohne Effekte bleibt … Ein „uni.talk“ am 20. Juni 2023 in der Aula der Universität Graz widmete sich diesen Themen.
„Wir wollen uns damit auseinandersetzen, wie die Universität Graz damit umgehen soll“, begründete Rektor Peter Riedler die Themenwahl der Veranstaltung. „Als Universität haben wir die Chance, auf Basis von Fakten Plattform für Diskussion zu sein.“ Klar müsse sein, dass Meinung auch Widerspruch hervorrufe.
Claudia Haagen-Schützenhöfer, Professorin für Fachdidaktik Physik, brachte die Unterschiede der Begriffe auf den Punkt: „Aktivismus behindert uns zwar manchmal im Alltag, aber es geht darum, ein Ziel zu erreichen. Es darf dabei aber nicht zum Selbstzweck werden, denn dann wird es zum Aktionismus.“ Dass es eine klare Übereinkunft zwischen Gesellschaft und Wissenschaft gäbe, sei eindeutig im Universitätsgesetz § 1 definiert. Darin heißt es, „die Universitäten sind berufen, …. auch verantwortlich zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt beizutragen.“
„Erkenntnisgewinn- und -fortschritt zu schaffen, muss unsere Aufgabe sein“, untermauerte Gabriele Schmölzer, Professorin am Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, zur Aufgabe der Wissenschaft. Dabei seien Wahrhaftigkeit und Objektivität die Gebote. Sorge bereite der Rechtswissenschaftlerin, dass sich laut dem Wissenschaftsbarometer der ÖAW von 2022 in Österreich 37 Prozent lieber auf den gesunden Menschenverstand als auf Wissenschaft verlassen. „In der Darstellung müssen wir für die unterschiedlichen Adressat:innen noch die entsprechende Sprache finden.“
Klima-Ökonom Karl Steininger betonte: „Wir sollten, allen gesellschaftlichen Gruppen unser Wissen bereitstellen.“ In die Gesellschaft hinein zu wirken, sei dank demokratischer Werte ein Privileg. „Wir müssen uns bewusst sein, dass wir als Wissenschaftler:innen daher immer in einem gesellschaftlichen Umfeld agieren.“ Neben der Tätigkeit in Lehre, Forschung und gesellschaftlicher Entwicklung handeln Wissenschaftler:innen als Personen auch in einer 4. Mission. „Hier müssen wir als Betroffene entscheiden, wie wir auftreten. Kommentieren wir etwas, beraten wir oder solidarisieren wir uns mit Anliegen. Diese jeweilige Rolle müssen wir klar darlegen.“ Auch die Öffentlichkeit erwarte gerade zu Fragen des Klimawandels mehr Engagement und Zusammenarbeit mit der Politik.